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DIE INDUSTRIE UNTER DEN BEDINGUNGEN VON COVID-19

Leitartikel von Gerald SCHEFFELS.

DIE INDUSTRIE UNTER DEN BEDINGUNGEN VON COVID-19

Genau genommen war das Internet der Dinge (IoT) ja bereits Mikroben wie Bakterien und Viren sind überall dort, wo es Leben gibt. Sie sind auch selbst Lebewesen, wenn auch extrem kleine. Wir leben mit ihnen und brauchen sie (z.B. im Darm, bei der Verdauung) und es gibt so viele, dass man mit einigem Recht sagen kann: Sie leben nicht nur in unserer Welt, sondern wir auch in ihrer.

Die meisten sind harmlos oder gar nützlich – wie das Mikrobiom im Darm. Andere sind – als Erreger von Infektionskrankheiten – tendenziell gefährlich, aber letztlich kontrollierbar. Hin und wieder aber kommt es zu Mutationen und zum Überspringen von einem Wirtstier zum anderen. Dann besteht die Gefahr der Pandemie. SARS war ein Vorbote, jetzt ist COVID-19 da und wird so schnell nicht wieder aus unserem Leben verschwinden.

Das Virus beeinflusst all unsere Lebensbereiche; die Folgen für die Wirtschaft lassen sich schon in Milliarden und Billionen beziffern. Auch die Zahlen von Insolvenzen und Arbeitslosen werden uns noch beschäftigen, und jedes Unternehmen muss Mittel und Wege finden, unter den Vorzeichen der Pandemie zurechtzukommen.

Das gilt zunächst für den Gesundheitsschutz der Mitarbeiter mit seinen vielfältigen Auswirkungen. Hinter uns liegen Fabrikschließungen und Produktionseinschränkungen, die bis heute die weltweiten Lieferketten beeinträchtigen. Der Auftragseingang ging drastisch zurück, bestellte Maschinen wurden storniert oder nicht abgerufen. Weltweit sind Industriemessen und Kongresse abgesagt. Die Außendienstflotten und Vertriebsingenieure saßen (und sitzen teilweise) im Home Office fest. Kein Unternehmen will das Infektionsrisiko durch nicht unbefingt notwendige Besucher gefährden. Abstandsregelungen gehören zum Alltag, viele Abteilungen arbeiten mit geteilten Teams, die nicht in Kontakt kommen dürfen.

All das wiederum beeinflusst ganze Branchen wie das Messewesen, die Event-Industrie und die Luftfahrt. Das wird auch Einfluss auf die gesamte Industrie und insbesondere auf den Maschinenbau und die Fertigung haben. Wer Airbus oder Boeing als Kunden bedient, muss sich auf eine lange Durststrecke einstellen – oder neue Kundenkreise erschließen, was aufgrund der genannten Einschränkungen in Pandemie-Zeiten auch wieder schwieriger ist.

Über allem schwebt das Risiko eines erneuten Lockdowns, dessen Folgen nochmals gravierender würden. Die zahlreichen Appelle und Regelungen sind deshalb mehr als angemessen. Aber: Wir müssen auch zurückfinden zum „normalen“ Leben. Kinder müssen in die Schule, gerade die Industrie braucht kontinuierlich gebildeten und engagierten Nachwuchs. Aber: Es wird Rückschläge geben bei den Infektionszahlen, wie schon jetzt zu sehen ist. An den Herbst mag mancher gar nicht denken.

Die Ursache der Pandemie zu bekämpfen, ist nun Sache der Virologen und der Pharmaforschung. Ob es sich um Impfungen oder um Medikamente zur Linderung der Folgen handelt: Hoffen wir, dass es schnell wirksame Mittel gibt und wir mit dem Corona-Virus ähnlich leben können wie zum Beispiel mit Influenza.

Was ist aus Sicht der Industrie zu tun? Zunächst natürlich ist weiterhin Wachsamkeit und Vorsicht im Hinblick auf die Ausbreitung des Virus angesagt. Davon abgesehen hat es ja – mehr oder weniger unfreiwillig – schon viele Veränderungen gegeben. Wie immer beschleunigen Krisen die aktuellen Trends, in diesem Fall (unter anderem) die Digitalisierung. Video-Konferenzen sind fast überall an der Tagesordnung. Man muss nicht um 5.00 Uhr aufstehen, 1000 km hin und zurück fliegen, vierzehn Stunden unterwegs sein und 500 kg CO2 erzeugen, um sich eine Stunde lang mit Kollegen zu besprechen. Das ist ein„learning“, wie man so sagt. Auch die Marketing-Kommunikation – nun ohne Messen und Außendienstbesuche – hat sich auf die neuen Gegebenheiten eingestellt. Online-Kommunikation über die eigene Homepage und die sozialen Medien werden wichtiger. Welche Auswirkungen COVID-19 auf die Lieferketten hat, sprich ob die Zulieferbeziehungen regionaler werden, wird sich zeigen.

Es mag abgeschmackt erscheinen, in dieser Situation den alten Spruch „In jeder Krise liegt auch eine Chance“ zu bemühen. Schließlich stehen wirklich viele Unternehmen mit dem Rücken zur Wand oder nahe am Abgrund. Aber viele andere kommen auch bemerkenswert gut mit der Krise zurecht. Sie haben sich schon in der Vergangenheit bemüht, flexibler zu werden, ihre Kernkompetenzen zu erweitern oder auf andere Zielbranchen auszuweiten und ganz generell an Reaktions- und Aktionsgeschwindigkeit zu gewinnen. Kurz: Sie sind agil oder „adaptiv“, anpassungsfähig. Das hilft ihnen jetzt. Nun gilt es, dieses Tempo zu nutzen und die (interne) Veränderung voranzutreiben.

Diese Strategie ist leider auch deshalb nicht leicht zu befolgen, weil die Situation schon vor COVID-19 nicht einfach war. Nehmen wir die Automobil-Zulieferindustrie. Sie steht einerseits unter immer größerem Kostendruck, muss angesichts der zunehmenden Komplexität der Fahrzeuge auch mit nochmals geringerer Fehlerrate und höherer Variantenzahl weltweit fertigen. Andererseits muss sie sich an die großen Techniktrends, die unter dem Namen CASE (Connected, autonomous, shared, electrified) berühmt-berüchtigt sind, anpassen und dafür ganz neue Technologien entwickeln. Sie wird sich auch darauf einstellen müssen, dass der Bedarf an Nockenwellen, Auspufftöpfen und vielen anderen Zulieferteilen dauerhaft sinkt.

Das heißt: Die Aufgabe der Zulieferer lautet nun – so das Credo der Managementberater von Porsche Consulting: „Perform while transform“. Dafür aber müssten sie finanzielle Ressourcen haben, die ihnen die Kunden letztlich nicht zugestehen. Die Folgen sind sichtbar. Viele große und kleine Zulieferer, unter ihnen echte Technologieführer wie Continental, Hella, Schaeffler und ZF bauen in großem Maßstab Personal ab.

Bei beiden „Großaufgaben“ – Optimierung der vorhandenen Produktion und Transformation – liefern Maschinenbau und seine Zulieferer letztlich die nötigen Werkzeuge. Deshalb müssen die Produktionsexperten die Trends hier und insbesondere in der Automatisierungstechnik und Digitalisierung im Blick haben. Diese Ausgabe von „Konstruktion – Industrie“ hilft dabei. Zum Beispiel gibt sie einen Überblick über Mittel und Wege zur Energieeinsparung in der Produktion (ab Seite 6). Die Redaktion hofft, damit Anregungen für die immer sinnvolle und nötige Optimierung der Prozesse zu geben.

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