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MEDIAWORLD
Der 3D-Druck ist in der Industrie angekommen
Das erste Patent für die Herstellung von Produkten im 3D-Druck – Schicht für Schicht, im additiven Prozess – wurde am 16. Juli 1984 angemeldet. Es war ein europäisches, genauer gesagt ein französisches Patent. Das zweite Patent wurde am 8. August 1984 angemeldet – in den USA, von Charles „Chuck“ Hull, einem Erfinder, der bald zu den Mitbegründern von 3D Systems gehören sollte. Dieses amerikanische Unternehmen gehört heute zu den weltweit führenden Herstellern in dieser nach wie vor hoch innovativen Technologie – und Chuck Hull ist 81 Jahren alt und kann sich täglich daran erfreuen, was aus seiner Idee geworden ist.
Wie kommt es, dass das europäische Patent keinerlei Fortwirkung gezeigt hat, das amerikanische aber zu nachhaltigem wirtschaftlichem Erfolg führte? Vielleicht war der technologische Effekt des amerikanischen Patentes einfach nachhaltiger und seine Inhalte besser. Vielleicht hat der amerikanische Pionier- und Gründergeist aber auch die Entwicklung beflügelt. Und ganz sicher war es zumindest damals in den USA leichter, „Venture Capital“ – wie man heute sagen würde – einzuwerben und damit einer Erfindung zur industriellen Nutzung zu verhelfen.
Das ist ohne Frage gelungen. Es hat längeren „Anlauf“ gebraucht und viele Ankündigungen, dass nun endlich der Durchbruch zur Serienfertigung gelungen ist. Aber trotzdem waren die additiven Verfahren über Jahrzehnte größtenteils auf den Prototypenbau („Rapid Prototyping“) beschränkt. Nun aber ist der 3D-Druck tatsächlich in der Industrie angekommen.
Der Gesamtumsatz für additive Fertigung lag – so der Wohlers-Report 2018 – im Jahr 2017 bei 7,336 Mrd. US-$. Für 2023 liegt die Prognose bei 27,3 Mrd. $. Und selbst wenn es dann „nur“ 25 oder 23 Mtrd. $ sein sollten, ist die Steigerung beeindruckend.
Aber die kommerzielle Seite ist nicht alles. Faszinierender (außer vielleicht für den „Venture Capitalist“) sind die technischen Aspekte. Wer einmal im „Showroom“ zum Beispiel von Materialise in Leuven/ Belgien oder einem anderen Technologieführer der additiven Fertigungsverfahren war, wird ihn nicht ohne echte Begeisterung wieder verlassen haben. Der industrielle 3D-Druck eröffnet wirklich neue Möglichkeiten – von der Funktionsintegration über ganz erhebliche Gewichtseinsparung bis zum individualisierten Design und „bionischen“, der Natur entlehnten Konstruktionen. In Kombination mit weiteren neuen Technologien – Stichwort Künstliche Intelligenz, oder auch Systems Engineering – werden sich nochmals mehr Möglichkeiten für grundsätzlich andere, mit additiven Verfahren erzeugten Produkte ergeben.
Produzierende Unternehmen in der gesamten Industrie – von Schuhen über Baumaterialien, Maschinen und Fahrzeugen bis zu medizinischen Prothesen – sind gut beraten, diese Entwicklung aufmerksam zu verfolgen und immer wieder zu prüfen, welchen Nutzen sie aus der Weiterentwicklung des 3D-Druck ziehen können. Denn diese Entwicklung schreitet rasch voran. Sie betrifft z.B. die Verfahren selbst, die immer reproduzierbarer werden. Die Maschinen werden schneller, ihre Arbeitsräume vielfältiger. Die Werkstoffauswahl wächst beständig: Auch „exotische“ Materialien wie Titan und Keramik lassen sich heute verarbeiten, ebenso „Commodities“ wie Kunststoffgranulate für den Spritzguss.
Natürlich muss man realistisch bleiben und darf nicht davon ausgehen, dass in der Produktion von morgen nur noch „geschichtet“ und gedruckt wird. Es wird weiterhin gefräst, gebohrt, geklebt und montiert. Additive und subtraktive Verfahren bleiben komplementär. Aber die additiven Verfahren eröffnen neue Möglichkeiten – übrigens nicht nur in der Konstruktion, sondern auch bei der Erschließung neuer Geschäftsmodelle. Und die Nutzung additiver Verfahren wird immer kostengünstiger. Also: Beobachten Sie die Entwicklung! Auf Seite XX startet unser Übersichtsbeitrag mit vielen weiteren Fakten und Beispielen zum industriellen 3D-Druck.
••• Gerald SCHEFFELS
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