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25
'20
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MEDIAWORLD
INDUSTRIAL IOT: DAS INTERNET DER DINGE FÜR DIE INDUSTRIE
Leitartikel von Gerald SCHEFFELS.
Genau genommen war das Internet der Dinge (IoT) ja bereits „industriell“ (IIoT), lange bevor es jemand als solches bezeichnete. Vor zwölf Jahren startete das Europäische Institut für Telekommunikationsnormen (ETSI) eine Reihe von Konferenzen, die sich mit Studien und zukünftigen Trends zu diesem Thema befassen. Die Tagungen fanden in Frankreich statt, was nicht überrascht, da sich der Sitz des ETSI in Valbonne befin-det. Das ETSI zog Forscher an, die sich dem Projekt anschlossen, vor allem aber Un-ternehmen wie Orange (Telekommunikationsspezialist und Erfinder zahlreicher date-norientierter Technologien) und viele andere. An der Spitze der Liste standen große Unternehmen, die sich auf die industrielle Automatisierung spezialisiert haben: Schnei-der Electric, Siemens, ABB, usw. – zunächst ausschließlich europäische Unternehmen, da sie im ETSI organisiert waren).
Letztlich ist es aber den Anwendungen für die Verbraucher zu verdanken, dass das IoT (Internet der Dinge) in den vergangenen Jahren schnell zum Alltag geworden ist. Diese Verbraucheranwendungen werden von B2C-Unternehmen vorangetrieben. Sie haben viel Intelligenz und finanzielle Mittel investiert, um entsprechende Lösungen zu ent-wickeln und im Markt durchzusetzen. Die US- amerikanischen„Big Five“ GAFAM (Google, Apple, Facebook, Amazon und Microsoft) sind dabei führend.
Das Ergebnis: Diese Untermehmen können alles sehen – jeden einzelnen, die ganze Zeit. Ihr Ziel ist es, möglichst viele Daten zu erheben und sofort zu nutzen, um Infor-mationen – und dazu gehören auch „geldwerte“ Informationen , sprich Werbung – ge-nauer zu adressieren. Ein mögliches Ergebnis: Ihr Kühlschrank weiß in ZUkunft, welche Zutaten Sie für die Zubereitung des Rezepts benötigen, das Sie gestern morgen auf Ihrem Tablet angeschaut haben; und er wird Ihnen unaufgefordert die Einkaufsliste anzeigen, wenn Sie gerade im Supermarkt sind. Oder, um ein heikleres Beispiel zu nennen: Aus den Daten, die wir preisgeben (z.B. anhand von Online-Bestellungen und von besuchten Websites), können die „Big Five“ auch die sexuelle Orientierung der Nutzer herauslesen oder sehr frühzeitig erkennen, dass eine Frau schwanger ist.
Worauf basiert das IoT tatsächlich? Hauptsächlich auf einer Reihe von Kommunika-tionstechnologien, die die neuesten Internet-Konzepte (insbesondere Ethernet und sein Adressierungssystem) nutzen, die es ermöglichen, von überall (oder fast überall) auf Daten zuzugreifen. Anders ausgedrückt: Es ist ein Kommunikationssystem (verkabelt oder per Funk), das es erlaubt, Daten vom Feld an ein zentrales System zu senden. Die Daten werden gesammelt und dann validiert, bevor sie verwendet, verarbeitet, analy-siert, korreliert, archiviert usw. werden.
In der industriellen Welt besteht das primäre Ziel darin, auf die Steuerungssysteme einer Maschine oder einer Anlage oder sogar mehrerer Anlagen einwirken zu können. Es geht auch darum, den Einsatz des Produktionswerkzeugs zu optimieren (Wartung), die Produktionslast auf mehrere Standorte oder Maschinen zu verteilen (Produktions-planung) und Produktionslose zu verschiedenen Zeiten (z.B. je nach Dringlichkeit der Kundenwünsche) und in verschiedenen Räumen (z.B. je nach Verfügbarkeit von Mas-chinen und Werkstätten) zu planen.
Das ist alles schön und gut. Aber die Unternehmen erhoben solche Daten schon lange vor den 1980er Jahren und der weit verbreiteten Einführung des Internets. Erinnern wir uns nur an die „gute alte Zeit“ des„Computer Integrated Manufacturing“ (CIM), das sich nie wirklich durchsetzte. Warum? Weil es damals nicht so einfach war wie heute. Es war unflexibel und beschränkt auf einige wenige Anwendungen. Es war auch teuer, manchmal kompliziert, und es basierte hauptsächlich auf proprietären Lösungen.
Heute hingegen unterstützen die Spezialisten für industrielle Automatisierung Stan-dardtechnologien. Allen voran internationale Marktführer, hier (und keineswegs vollständig) in alphabetischer Reihenfolge: ABB, Beckhoff, B+R, Endress+Hauser, Emerson, Kuka, Mitsubishi, Omron, Rockwell Automation, Schneider Electric, Sie-mens und Yokogawa.
Das heißt: Die vernetzte Kommunikation ist heute viel kostengünstiger. Installation und Wartung erfordern weniger Fachwissen, die Offenheit und Aufrüstbarkeit der Anlagen ist leichter zu gewährleisten. Ein Sensor oder Aktor kann einfach irgendwo an einem entfernten Ort an ein komplexes Automatisierungssystem angeschlossen werden, die Kommunikation erfolgt über Standardprotokolle. Die Automatisierungstechniker übernehmen dabei häufig Technologien, die aus der Informationstechnologie stammen, und passen sie an die industriellen Anforderungen an. Und während sie diesen globa- len Ansatz anwenden, sind Partnerschaften mit anderen führenden Unternehmen in ganz anderen Bereichen entstanden: Cisco, Microsoft, SAP, Stratus, um nur einige zu nennen. Immer mit den gleichen Beweggründen wie ihr Leitmotiv: Qualitätsverbesse-rung, Produktivität, Energieeffizienz, niedrigere Produktionskosten.
Dabei stellen sich oft Fragen nach den Kommunikationsstandards. Zum Beispiel: Setzt sich OPC UA als „Weltsprache“ der Automatisierungstechnik durch? Oder: Muss das industrielle IoT ein LPWAN (Low Power Wide Area Network) implementieren, um I-IoT zertifiziert zu werden? Hier gibt es eine große Auswahl an Technologien: Sigfox, LoRa, LTE-M, NB-IoT, Objenious, Qowisio und sogar Sidewalk. Von 5G-Campus-Netzwerken gar nicht zu reden. Sie alle sind (oder behaupten, sie zu sein) die Lösung der Zukunft. Letztlich werden die Nutzer wohl von ihrem pragmatischen Instinkt Ge-brauch machen und sich fallweise für die jeweils beste Lösung entscheiden. Auch die Vielfalt der koexistierenden Feldbussysteme ist ja eine Antwort auf die unterschie-dlichen Anforderungen.
Und da wir über Kommunikation sprechen: Es lohnt sich, das Thema I-IoT mit den Spezialisten für industrielle Datenübertragungen zu diskutieren: Advantech, Delta Elec-tronics, HMS, ProSoft Technology, Softing und viele mehr. Diese Unternehmen ha-ben eine Menge Informationen zum Thema I-IoT, die sie mit Ihnen teilen können! Das funktioniert, wie wir inzwischen wissen, auch zu Corona-Zeiten. Ohne Zweifel behin-dern der Lockdown und die Reisebeschränkungen, die Absage von Industriemessen und die Einschränkung von Außendienstbesuchen die direkte Kommunikation. Aber das World Wide Web und auch die Fachpresse – wie zum Beispiel Konstruktion In-dustrie – gewährleisten den ortsungebundenen Informationsaustausch.
Gerald SCHEFFELS
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