Komponenten von der Stange für maßgeschneiderte Lösungen – Cobot-Hersteller steigern Effizienz durch externes Knowhow
Der Umstieg von einer Make-Philosophie zu einer Buy-Strategie bei zentralen Komponenten erlaubt Cobot-Produzenten bessere Systeme zu günstigeren Preisen anzubieten.
Der baldige Durchbruch im Bereich der kollaborativen Roboter (Cobots) wurde in der Automatisierungsbranche seit mehreren Jahren nun immer wieder aufs Neue vorhergesagt, lies dann aber doch Mal für Mal auf sich warten. Einer der Gründe lag hier unter anderem bei den hohen Stückkosten, die durch den Bedarf an neuen, spezialisierten Komponenten entstanden sind. So setzen viele Cobot-Hersteller beispielsweise im Bereich der Motion Control auf aufwändige Eigenentwicklungen, die häufig unbefriedigende Ergebnisse mit sich brachten. Mittlerweile orientieren sich die – meist jungen - Unternehmen mehr und mehr an den Strategien der Anbieter klassischer Industrieroboter: sie setzen auf spezialisierte Zulieferer, statt jede Komponente selbst zu entwickeln.
„Cobots beschäftigen die Automatisierungsbranche nun schon lange, denn die Grundidee ist natürlich extrem spannend. Da die Anforderungen für solche Roboter jedoch sehr von denen der klassischen Industrieroboter abweichen, haben die Cobot-Hersteller jahrelang Unsummen in die Entwicklung von Motion Control Komponenten wie Servoantrieben, Positionssensoren und Bremsen gesetzt. Rückblickend muss man feststellen: Das konnte nicht gutgehen“, erklärt Nikolai Ensslen, CEO und Gründer der Synapticon GmbH. „Allerdings kann man den Cobot-Entwicklern hier auch keinen Vorwurf machen, denn lange Zeit gab es nur wenige geeignete Zulieferkomponenten um wirklich leistungsfähige Cobots zu vernünftigen Kosten zu produzieren.“
Cobots im Teufelskreis
Bei den frühen Generationen der Cobots waren die Leistungsanforderungen in Sachen Regelungs-Performance und Leistungsabgabe noch sehr niedrig, da sich die Cobots sehr langsam bewegten, nur kleine Traglasten unterstützten und keine große Genauigkeit aufwiesen. Entsprechend eingeschränkt waren die Einsatzmöglichkeiten. Folglich spielte auch die funktionale Sicherheit nur eine untergeordnete Rolle, und fehlenden formellen Safety-Zertifizierungen wurde keine allzu große Beachtung geschenkt. Komponenten, die aufgrund der geringen Stückzahl am Markt nicht zu vertretbaren Preise zu bekommen waren, wurden vielerorts unter Nichtberücksichtigung der Entwicklungskosten selbst entwickelt.
„Die Cobot-Hersteller verfügen nur selten über ausreichende Ressourcen. Deshalb werden noch heute oft mit begrenzten Bordmitteln extrem viele Komponenten selbst entwickelt, um die jeweiligen Cobot-Konzepte umzusetzen. Dabei wird dann aber deutlich, dass die Hersteller schlichtweg damit überfordert sind und sind sämtliche Komponenten von Grunde auf neu entwickeln und produzieren. Am Ende stehen häufig durchwachsene Kompromisse aus Kosten und Funktionalität“, meint Nikolai Ensslen. „Viele Hersteller haben sich somit selbst ein Bein gestellt. Wie schwierig es dann ist, sich an den eigenen Haaren aus dem Sumpf zu ziehen, ist bekannt.“
Leistungsfähige Motion Control – ohne alle Räder neu zu erfinden
Die Stagnation im Bereich der kollaborativen Robotik scheint nun jedoch ein Ende zu haben, denn auf der Suche nach einem Ausweg orientieren sich zahlreiche Hersteller mehr und mehr an der Branche der klassischen Industrieroboter, die seit Jahrzehnten einen anderen Ansatz verfolgt. Hier setzen die erfolgreichsten Player seit jeher umfangreich auf Zukaufkomponenten, wenn es um den Bereich der Motion Control geht.
„Moderne Industrieroboter sind in vielerlei Hinsicht absolute Hightech-Lösungen, bei denen es auf jede Komponente ankommt. Es ist daher praktisch unmöglich, dass es einem Hersteller gelingt einen konkurrenzfähigen Roboter rundum nur aus Eigenentwicklungen zu fertigen“, erklärt Nikolai Ensslen. „Die Zulieferindustrie hat sich hier über viele Jahre hinweg extrem spezialisiert und so zum weltweiten Erfolg der Industrieroboter beigetragen.“
Fünf zentrale Aspekte sprechen in der konventionellen Industrierobotik dafür, auf Komponenten spezialisierter Zulieferer zu setzen:
- Hohe Leistungsanforderungen: Die Entwicklung von Servoantrieben und Positionssensoren ist in der Tiefe sehr komplex und aufwändig. Die erforderlichen Ressourcen aufzubauen und dauerhaft zu unterhalten ist riskant und teuer. Für die Inhouse-Entwicklungsabteilungen müssten dafür zahlreiche Hard- und Software-Entwickler mit einem profunden Verständnis für Leistungselektronik, Messtechnik und Regelungstechnik gewonnen werden, die zudem über ausreichend Motion- und Automationserfahrung verfügen.
- Funktionale Sicherheit: Höchste Standards in Sachen Sicherheit sind Gang und Gäbe. Über den gesamten Komponenten-Stack hinweg entsteht ein immenser Entwicklungsaufwand. Hier inhouse kostendeckend zu arbeiten wäre nahezu unmöglich. Ein Robotersystem mit eigener Steuerung und Safety-zertifizierten Zukaufkomponenten zu zertifizieren, ist bereits ein signifikanter Aufwand.
- Stückzahlen: Würden einzelne Roboterhersteller nur für den eigenen Bedarf produzieren, wären die Stückkosten der Komponenten sehr hoch. Die gesamte Robotik ist nur ein kleiner Teil des gesamten Motion Control Marktes. Spezialisierte Zulieferer könne daher auch dank der viel größeren Stückzahlen wesentlich geringere Stückkosten erzielen.
- Kaum Mehrwert: Aus einer Eigenentwicklung alles Komponenten kann kein ausreichender Mehrwert gezogen werden, da dadurch keine für den Kunden ausreichende Differenzierung möglich ist. Eine vollständige Eigenentwicklung schafft sogar zusätzliche Risiken.
- Aufgeweichter Fokus: Eine Eigenentwicklung würde bei den Herstellern konventioneller Industrieroboter nicht nur Ressourcen konsumieren, sondern auch den Fokus von den für den Markterfolg relevanten Themen aufweichen. Es hat sich für die Hersteller vielmehr bewährt, sich auf einige klare Kompetenzen festzulegen und diese über Jahre hinweg am Markt zu verdeutlichen.
Innovation heißt Neues mit Altem verbinden
„Fortschritte erzielen, in dem man bestehende Konzept und Technologien um neue Ideen und Lösungen erweitert, das ist doch der eigentliche Gedanke von Innovationen“, meint Nikolai Ensslen. „Genau diesen Weg schlagen die Cobot-Hersteller vermehrt ein. Auch wenn es in vielerlei Hinsicht große Unterschiede zwischen klassischen Industrierobotern und modernen Cobots gibt, so bewährt sich die Buy-Strategie auch im Cobot-Sektor“, meint Nikolai Ensslen. „Ich bin der festen Überzeugung, dass die Cobot-Branche im Ganzen davon immens profitieren wird. Die Produkte werden besser, sicherer und günstiger.
Konkret bedeutet dies:
- Cobots werden dynamischer, stärker und präziser: Die Lösungen werden leistungsfähiger und zudem wird das Angebot breiter, denn es beginnt eine Transformation hin zu Cobot/Robot-Hybriden. Man sieht aktuell erste Leichtbauroboter, welche die Eigenschaften von klassischer Industrieroboter und Cobots kombinieren.
- Funktionale Sicherheit ist nicht mehr verhandelbar: Die Anforderungen an die zertifizierte Safety sind durch die Interaktion mit Menschen noch höher als bei den klassischen Industrierobotern.
- Komponenten sind verfügbar: Die Zulieferindustrie hat in den vergangenen Jahren unter anderem im Bereich Robot Motion Control Komponenten zur Marktreife gebracht, die sich speziell an den Bedürfnissen von Cobots ausrichten. Sie ermöglichen günstigere Cobots zu produzieren, ohne dabei auf Leistung und Präzision verzichten zu müssen.
„Die Zuliefer-Industrie hat das Potential im Konzept der Cobots früh erkannt. Da die Anforderungen an Hard- und Software jedoch sehr anspruchsvoll sind, zogen hier einige Jahre ins Land, bis die entsprechende Angebote verfügbar gemacht werden konnten“, resümiert Nikolai Ensslen. „In vielen Gesprächen sehen wir jetzt, dass das wachsende Interesse der Hersteller auf ein gewachsenes Angebot an geeigneten Komponenten stößt. Der sich abzeichnende Aufschwung im Bereich Automatisierung und Maschinenbau könnte zusätzlich helfen, den Turbo in Sachen Cobots nun tatsächlich zu zünden.“
www.synapticon.com
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